Rollentausch im Weingut
Beim Weingut am Steinigen Tisch tritt Winzer Christoph Rutishauser ins zweite Glied zurück. Sein Sohn Roman hat den elterlichen Betrieb übernommen. Nicht ändern wird sich die konsequente Ausrichtung auf höchste Qualität.
«Es fühlt sich noch ein wenig seltsam an», sagt Christoph Rutishauser und nippt nachdenklich am Glas, das mit einem hausgemachten Weisswein gefüllt ist. «Ich gebe meine Passion, meine Leidenschaft aus den Händen. Meine und auch die ganze Energie meiner Frau Heidi stecken in diesem Weingut.» In das sentimentale Gefühl des Abschiednehmens mischt sich beim Thaler Winzer aber auch Stolz und Zufriedenheit über den Umstand, den Betrieb auch in Zukunft in verantwortungsvollen Händen zu wissen.
Tiefere Erträge sichern Qualität
Roman Rutishauser, der das Weingut in dritter Generation übernommen hat, bekräftigt denn auch, nicht nur den in 35 Jahren erarbeiteten hohen Standard des Betriebes beibehalten zu wollen, sondern auch künftig Rutishauser-Weine mit einzigartigem Charakter keltern zu wollen. Für den 31jährigen Jungwinzer ist es denn auch keine Frage, was dies bedeutet: «Es sind verschiedene Faktoren, die unsere Weine einzigartig machen. Einerseits sind die klimatischen Bedingungen hier am Buechberg ausgezeichnet und andererseits gehen wir bei der Arbeit am Weinberg und im Keller keine Kompromisse ein, damit sich diese Einzigartigkeit auch jederzeit in der Qualität unserer Weine widerspiegelt.» Erreicht wird dies auch durch bewusst in Kauf genommene, tiefere Erträge, wie Christoph Rutishauser ergänzt. «Je weniger Trauben am Rebstock hängen, desto besser wird die Qualität.»
Es ist nicht selbstverständlich, dass Söhne in die Fussstapfen ihrer Eltern treten. Umso mehr freuen sich Christoph und Heidi Rutishauser, dass ihr 31jähriger Sohn Roman dieses verantwortungsvolle wirtschaftliche und kulturelle Erbe annimmt. «Es ist einfach grossartig, dass unsere Weinphilosophie in der kommenden Generation von Winzern weiterlebt und auch gepflegt wird.»
Eine Woche Ferien pro Jahr
Festgemacht wurde der Generationenwechsel nicht von heute auf morgen. «Wir reden seit vier Jahren über die Zukunft des Weingutes. Und weil ich mein Interesse für die Nachfolge früh signalisiert habe, hat mein Vater auch weiterhin in die Infrastruktur des Betriebes investiert», sagt Roman Rutishauser dankbar. Eine der ersten grossen Aufgaben des Jungwinzers wird denn nun auch sein, den aktuellen «Superjahrgang» optimal ins Glas zu bringen. Roman Rutishauser war zwar bereits bisher in die Kelterung eingebunden, trägt nun aber die volle Verantwortung. Und weil es sich eigentlich nur um einen Rollentausch handelt, wie Heidi Rutishauser lachend einwirft, ist gewährt, dass auch die neuen Weine die typische Handschrift des Weinguts am Steinigen Tisch haben werden. Allerdings wird der 64jährige Christoph Rutishauser seine Stunden im Betrieb bis zu seiner Pensionierung sukzessive reduzieren. Seit sein Sohn in den Betrieb eingebunden ist, hat er sich zusammen mit seiner Frau Heidi einen Herzenswunsch erfüllt und Australien, Neuseeland und Thailand bereist. Früher war maximal eine Woche Ferien pro Jahr möglich.
Meilenstein Rebstrasse
Den ersten Rutishauser-Wein gekeltert hat noch im bescheidenen Rahmen im Jahr 1963 Grossvater August. Sieben Jahre später haben die Gebrüder Rutishauser ihre Gärtnerei in Thal getrennt. Während Paul Gärtner blieb, setzte Christoph Rutishausers Vater August auf den Weinbau und machte sein Hobby zum Beruf. In der Folge ist das Weingut stetig gewachsen. Seinen grössten Schritt machte es 1969, als es am Buechberg eine Hektare Land von der landwirtschaftlichen Schule Custerhof in Rheineck übernehmen konnte. Dies war auch der Auslöser, um den Betrieb gänzlich zu professionalisieren. 1981, drei Jahre nach Absolvierung der Meisterprüfung, hat Christoph Rutishauser das Weingut vom Vater übernommen. Heute werden 6,5 Hektaren Land am Buechberg und am Burghügel Rheineck bewirtschaftet. Weil drei Anläufe zur Melioration (Vereinfachung der Bewirtschaftung) am Buechberg gescheitert sind, hat Christoph Rutishauser im Jahr 2003 eine Zufahrtsstrasse am Rebberg auf eigene Faust realisiert. «Nur durch diesen erleichterten Zugang und die beinahe fertiggestellte Terrassierung ist heute ein ökologischer und ökonomischer Betrieb möglich.»
Text: Ruedi Hirtl